Transparent mit Aufruf zum Kampf gegen den Kapitalismus
© picture alliance / dpa / (Florian Schuh)

Militanz

Gewalttaten mit linksextremistischem Hintergrund werden fast ausschließlich von Autonomen verübt. Mit diffusen anarchistischen, kommunistischen und sozialrevolutionären Ideologiefragmenten schaffen sich die Autonomen einen vermeintlichen Legitimationsrahmen für ihre Militanz. Gewalttaten werden als notwendiges Mittel dargestellt, um sich gegen die angebliche „strukturelle Gewalt“ eines Systems von Zwang, Ausbeutung und Unterdrückung zu wehren.

Viele Autonome erleben die Ausübung von Massenmilitanz als sinnstiftende Erfahrung. Gewalt wird zum Ausdruck eines Lebensgefühls. Formen und Ausmaß der Gewaltanwendung sind regelmäßig Gegenstand von Diskussionen in der autonomen Szene. Die Formen der Gewaltanwendung haben sich in den letzten Jahren ausdifferenziert, so dass heute vier verschiedene Formen linksextremistischer Gewalt unterschieden werden können:

Konfrontative Gewalt

Von konfrontativer Gewalt spricht man, wenn die direkte und gezielte Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner oder Vertretern des Staates gesucht wird. Das ist insbesondere bei Demonstrationen der linksextremistischen Szene der Fall. Gewalthandlungen werden nicht selten aus „Schwarzen Blöcken“ heraus begangen, die Anonymität und damit Schutz gegen Strafverfolgung gewährleisten sollen.

Insbesondere im Zusammenhang mit Protestdemonstrationen ist die Gewaltbereitschaft gestiegen. In den letzten Jahren ist zudem die Hemmschwelle hinsichtlich der Anwendung von Gewalt gegen Polizeibeamte gesunken, wobei auch vor schweren körperlichen Attacken nicht zurückgeschreckt wird. Gewalttaten werden nicht nur in der unmittelbaren Konfrontationssituation verübt, sondern auch am Rande von Versammlungen. So wurde beispielsweise bei den Protesten gegen die Eröffnung der Europäischen Zentralbank im März 2015 gezielt ein Polizeirevier angegriffen.

Initialisierende Gewalt

Gewaltbereite Autonome mobilisieren häufig zu Themen, die von besonderem medialem Interesse sind und in breiten Kreisen der Bevölkerung Unterstützung finden. Diese Themen werden gezielt genutzt, um nicht nur bei Linksextremisten sondern auch bei Demokraten Interesse zu wecken. Zunächst friedlichen öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen versuchen Autonome einen militanten und aggressiven Charakter aufzuzwingen, indem sie – umgeben von friedlichen Demonstranten – aus der Deckung heraus Gewalttaten begehen. Die Menge dient dabei als Sichtschutz und Rückzugsraum, um sich der Strafverfolgung zu entziehen.

Die Zielsetzung der Linksextremisten unterscheidet sich dabei allerdings grundsätzlich von der des demokratischen Spektrums. Linksextremisten sehen ihr Engagement als Teil ihres Kampfes zur Schaffung einer „herrschaftsfreien“ Gesellschaft.

Klandestine Gewalt

Neben dem offen aggressiven Auftreten von Autonomen ist auch eine konspirative Planung und Durchführung von Straftaten festzustellen, die sogenannte klandestine, im Verborgenen verübte Gewalt. Autonome planen und begehen konspirativ schwere Straftaten, beispielsweise gezielte Anschläge auf Polizeidienststellen oder Fahrzeuge der Bundeswehr. Anschläge von Linksextremisten werden zunehmend „professionell“ vorbereitet. Darstellungen von szenetypischen Vorgehensweisen und Bauanleitungen für Sprengsätze werden im Internet und in Szenepublikationen wie „Interim“ und „radikal“ verbreitet. Vor allem das gewaltorientierte linksextremistische Spektrum soll dadurch angesprochen und in die Lage versetzt werden, selbst einen Anschlag vorzubereiten und in die Tat umzusetzen. Dabei werden auch Planungsschritte für Anschläge veröffentlicht, die eine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben darstellen können.

Diskursive Gewalt

In der autonomen Szene werden immer wieder Diskussionen über das Thema Gewalt geführt. Dies beinhaltet sowohl die Anwendung von Gewalt im generellen Sinn als auch die Trennung von Gewalt gegen Personen und Sachen. Plattform für diese so genannte „Militanzdebatte“ sind insbesondere Szenepublikationen wie „Interim“ und „radikal“. Die nach außen vertretene Differenzierung zwischen „Gewalt gegen Personen“ und „Gewalt gegen Sachen“ verliert dabei mehr und mehr an Trennschärfe. Körperverletzungsdelikte von Autonomen gegen tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten machen deutlich, dass Autonome Gewaltanwendung gegen politische Gegner als legitimes Mittel ansehen. Indem Autonome Polizeireviere angreifen oder Polizeifahrzeuge in Brand setzen, in denen sich noch Beamte finden, geben sie zudem zu erkennen, dass sie bei ihren Aktionen schwerste Verletzungen von Polizeibeamten in Kauf nehmen.