Methoden der Spionage

Fremde Nachrichtendienste betreiben mit hohem organisatorischem und finanziellem Aufwand Spionage gegen Deutschland. Im Zeitalter der Digitalisierung setzen sie dabei vermehrt technische Mittel ein. Elektronische Angriffe stellen die Spionageabwehr vor besondere Herausforderungen. Auch menschliche Quellen spielen aber nach wie vor eine Rolle.

Legalresidenturen

Nachrichtendienste fremder Staaten unterhalten in Deutschland verdeckte Stützpunkte in unterschiedlicher Stärke, die an den Botschaften und Generalkonsulaten ihrer Staaten oder an halboffiziellen Vertretungen (z.B. Presseagenturen oder Fluggesellschaften) eingerichtet sind – sogenannte Legalresidenturen.

Die unter Tarnidentitäten tätigen Nachrichtendienstangehörigen betreiben entweder selbst – offen oder verdeckt – Informationsbeschaffung oder unterstützen nachrichtendienstliche Operationen, die direkt aus den Zentralen der Dienste in den Heimatländern geführt werden. Oft verfügen sie über einen Diplomatenstatus und profitieren von der damit verbundenen Immunität, die sie in der Regel vor Strafverfolgung im Gastland schützt. Werden solchen „Diplomaten“ allerdings statuswidrige Aktivitäten nachgewiesen, kann dies zur Ausweisung aus Deutschland führen.

Einen Großteil ihres Informationsbedarfs decken die Nachrichtendienste durch die Auswertung offener Quellen wie des Internets und anderer Medien, durch Besuche von Industriemessen und die Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen.

Um ihre Erkenntnisse zu vertiefen, nutzen sie auch die durch ihre offizielle Tätigkeit aufgebauten Kontakte. Dabei wählen sie insbesondere Zielpersonen aus, die über Zugang zu politisch, militärisch oder wirtschaftlich sensiblen Informationen verfügen. So entsteht allmählich ein Netz von Gesprächspartnern, die – ohne es selbst zu bemerken –bei Bedarf nachrichtendienstlich „abgeschöpft“ werden können: Durch geschickte Gesprächsführung versuchen die Dienstangehörigen, an sensible Informationen oder Hinweise auf andere potenzielle Quellen zu gelangen.

Betroffene solcher Spionageaktivitäten können u.a. Abgeordnete und deren Mitarbeiter, Behördenvertreter, Bundeswehrangehörige, Unternehmensverantwortliche und Wissenschaftler sein.

Zentral gesteuerte Operationen

Fremde Nachrichtendienste führen auch Operationen direkt aus ihren Zentralen heraus durch – ohne Beteiligung der Legalresidenturen. In ihr Blickfeld geraten vor allem deutsche Staatsbürger, die sich privat oder beruflich für längere Zeit in dem jeweiligen Land aufhalten oder regelmäßig dorthin reisen. Insbesondere

  • Angehörige deutscher diplomatischer Vertretungen,
  • Behördenvertreter auf Dienstreisen,
  • Firmenrepräsentanten sowie
  • deutsche Staatsangehörige, die in dem jeweiligen Land einer (frei-)beruflichen Tätigkeit nachgehen oder studieren,

müssen mit nachrichtendienstlichen Ansprachen rechnen. Anlass dafür können beispielsweise Grenzkontrollen oder wirtschaftliche und wissenschaftliche Zusammenarbeit sein.

Einsatz von "Illegalen"

Eine weitere Methode ist der Einsatz von sogenannten „Illegalen“ – hauptamtliche Mitarbeiter fremder Nachrichtendienste, die mit einer Falschidentität ausgestattet in Zielländer eingeschleust werden. Sie haben dort entweder langfristige Spionageeinsätze oder erledigen vorübergehend bestimmte nachrichtendienstliche Aufträge. Aufgrund ihrer professionellen Abdeckung sind sie durch die Spionageabwehr besonders schwer zu enttarnen. Ihre Steuerung erfolgt ebenfalls über die Dienstzentralen in den Heimatländern.

Fernmeldeaufklärung

Gespräche in Telekommunikationsnetzen sind grundsätzlich nicht abhörsicher. Es ist davon auszugehen, dass fremde Nachrichtendienste erhebliche Anstrengungen unternehmen, um Kommunikationsverbindungen abzuhören. Dazu zählt die mögliche Aufklärung deutscher Kommunikations- und Internetverkehre, die teilweise über Server oder Internetknoten im Ausland laufen.

In Deutschland stellen beispielsweise die Botschaftsgebäude im Berliner Regierungsviertel sowie diplomatische Vertretungen in anderen Städten geeignete Standorte für Fernmeldeaufklärungsmaßnahmen dar, da sie in der Nähe interessanter Ausspähungsziele liegen und über einen exterritorialen Status verfügen. Die vom potenziellen nachrichtendienstlichen Angreifer genutzte Empfangstechnik sendet keine aktiven und dadurch erkennbaren Funksignale aus. Ein technischer Nachweis solcher Überwachungsmaßnahmen ist für deutsche Sicherheitsbehörden daher kaum möglich.

Bewertung und Ausblick

Digitale Spionage im Bereich der Fernmeldeaufklärung und durch elektronische Angriffe wird zukünftig weiter an Bedeutung gewinnen. Das Entdeckungsrisiko für den Angreifer ist dabei relativ gering, der Erkenntnisgewinn aber in der Regel hoch. Mit einem völligen Bedeutungsverlust menschlicher Quellen ist dennoch nicht zu rechnen: Als menschliche Quellen werden vor allem jene Personen interessant, die in IT-Bereichen sensibler Einrichtungen tätig sind und somit Zugang auch zu solchen Daten haben, die für fremde Nachrichtendienste auf rein elektronischem Weg nur schwer beschaffbar sind.