Auf dem Bild ist ein Messer mit einer Hakenkreuzgravur und dem Schriftzug "Blut und Ehre" zu sehen.
© Bayerisches Landesamt für Verfassungsschutz

Militanz

Rechtsextremistische Militanz hat viele Facetten: Die Täter handeln allein oder in Gruppen. Sie sind politisch organisiert oder ungebunden. Sie verüben spontan Gewalt oder sie planen akribisch ihre Taten. Sie beschädigen Einrichtungen und Gebäude oder sie greifen Menschen an. Die Bandbreite reicht hier von der politisch motivierten Sachbeschädigung über die hassmotivierte Körperverletzung bis hin zum terroristischen Mord. Verbindendes Glied und gemeinsamer Hintergrund ist die rechtsextremistische Ideologie.

Meist sind es Einzeltäter, die spontane Gewaltübergriffe verüben. Innerhalb der rechtsextremistischen Szene gelten insbesondere Neonazis und Skinheads als gewaltbereit. Ziele rechtsextremistischer Attacken sind sowohl Objekte als auch Personen. Sprayer-Anschläge gegen jüdische Friedhöfe oder Brandanschläge gegen Asylbewerberheime sind meist rechtsextremistisch motiviert. Rechtsextremisten üben Gewalt sowohl gegen private Wohnstätten als auch gegen öffentliche Einrichtungen aus. Rechtsextremistisch motivierte Gewalt richtet sich darüber hinaus auch gegen den politischen Gegner. Als solche werden insbesondere Personen angesehen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren. Opfer spontaner Gewalt sind besonders häufig Bürger mit Migrationshintergrund.

Affinität zu Waffen

Die neonationalsozialistische Szene hat grundsätzlich eine Affinität zu Waffen. Allerdings verzichtet sie vor allem aus taktischen Gründen meist auf öffentliche Aufrufe zur Gewaltanwendung. Doch schon durch die Anlehnung an die NS-Ideologie finden sich in ihrem Weltbild Einstellungsmuster, die eine Neigung zur Gewaltanwendung und -befürwortung belegen. Bei Hausdurchsuchungen, die die Polizei im Rahmen von Ermittlungsverfahren durchführte, wurden immer wieder Waffen gefunden. Die Affinität zu Waffen erleichtet den Einstieg in ein terroristisches Milieu. Die in den 1970er Jahren entstandenen sogenannten „Wehrsportgruppen“ führten militärische Übungen mit scharfen Waffen durch. Als bekannteste Gruppierung gilt die „Wehrsportgruppe Hoffmann“ um den bayerischen Rechtsextremisten Karl-Heinz Hoffmann. Der Gruppierung gehörten zwischen 1974 und 1980 bis zu 400 Personen an.

Rechtsterroristische Gruppierungen

Rechtsterroristische Gruppierungen gibt es in der Bundesrepublik seit Ende der 1960er Jahre. Mit Ausnahme des Freikorps Havelland und des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) konnten die Gruppierungen höchstens ein halbes Jahr agieren, bevor sie von Sicherheitsbehörden erkannt und zerschlagen wurden. Dazu zählen: die Europäische Befreiungsfront, die Nationale Deutsche Befreiungsbewegung, die Gruppe Hengst, die Nationalsozialistische Kampfgruppe Großdeutschland, die Gruppe Otte, die Wehrsportgruppe Rohwer, die Werwolfgruppe Stubbemann, die geplanten Anschläge des Einzeltäters Peter Naumann, die Volkssozialistische Bewegung Deutschlands/Partei der Arbeit, die Deutsche Aktionsgruppen, die Hepp-Kexel-Gruppe und die Schutztruppe. Letztere hatte unter der Führung Martin Wieses einen Anschlag auf die Grundsteinlegung der Münchner Synagoge geplant.

Ein Personenzusammenschluss ist die Gruppe Freital (Sachsen), gegen die der Generalbundesanwalt (GBA) im Frühjahr 2016 die Ermittlungen gegen mutmaßliche Mitglieder wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung und versuchten Mordes übernommen hatte. Den acht Angeklagten wurde vorgeworfen, sich spätestens ab Juli 2015 mit weiteren Gleichgesinnten zusammengeschlossen zu haben. Sie befinden sich spätestens seit den Festnahmen und Durchsuchungsmaßnahmen des GBA vom 19. April 2016 in Haft, sofern sie nicht bereits aufgrund früherer Ermittlungsergebnisse inhaftiert waren. Die Anklage des GBA erfolgte am 2. November 2016 vor dem Oberlandesgericht Dresden. Im März 2018 wurden die acht Angeklagten wegen der Gründung einer terroristischen Vereinigung sowie teilweise wegen versuchten Mordes zu Freiheitsstrafen zwischen vier und zehn Jahren verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig (Stand: April 2017). Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Angeklagten bis Ende 2015 zwei Sprengstoffanschläge auf Asylbewerberunterkünfte in Freital begingen, das Fahrzeug und das Wahlkreisbüro eines örtlichen Politikers der Partei DIE LINKE mit pyrotechnischen Sprengkörpern beschädigten und einen Sprengmittel- und Buttersäureanschlag auf ein alternatives Wohnprojekt in Dresden verübten. Zu diesen Zwecken hatte die Gruppierung eine hohe Zahl pyrotechnischer Sprengkörper aus dem Ausland beschafft. Einige ihrer Mitglieder waren in der Vergangenheit bereits durch einschlägig rechtsextremistische Aktivitäten in Erscheinung getreten, wie zum Beispiel im Zusammenhang mit der rechtsextremistischen Bürgerwehr FTL/360 (Sachsen). Diese Gruppierung agierte seit Mitte 2015 zunächst als virtuelle Facebook-Gruppe, formierte sich später auch in der Realwelt und rief unter anderem zu Protesten gegen die Unterbringung von Asylbewerbern auf.

Die rechtsterroristische Gruppe OIdschooI Society (OSS) hatte sich im August 2014 als zunächst virtuelle Gruppe bei einem Instant-Messenger-Dienst gegründet. Die Gruppe radikalisierte sich so weit, dass Mitglieder sich zum Ziel setzten, Anschläge zu begehen. Für derartige Aktionen waren pyrotechnische Gegenstände beschafft worden. Am 6. Mai 2015 hatten schließlich Beamte von Bundeskriminalamt (BKA), Bundespolizei und verschiedenen Landespolizeibehörden im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens des Generalbundesanwalts (GBA) die Wohnungen von zehn mutmaßlichen OSS-Mitgliedern in mehreren Bundesländern durchsucht. Im anschließenden Prozess verurteilte das Oberlandesgericht München am 15. März 2017 vier Mitglieder der OSS zu Haftstrafen zwischen drei und fünf Jahren. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Angeklagten eine terroristische Vereinigung mit dem Ziel, Anschläge auf Flüchtlinge bzw. deren Wohnumgebung durchzuführen, gebildet hatten. Das Urteil ist rechtskräftig.

NSU

Der schwerste Anschlag mit Beziehungen zum Rechtsextremismus vor dem „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) war das Oktoberfestattentat 1980 mit 13 Todesopfern und über 200 Verletzten.

Der NSU steht für eine neue Dimension des Terrorismus in der Bundesrepublik: Die rechtsextremistische Vereinigung hat zwischen September 2000 und April 2007 bundesweit insgesamt 10 Personen ermordet. 3 dieser Taten wurden 2000, 2001 und 2005 in Nürnberg und 2 in den Jahren 2001 und 2005 in München begangen. Dem NSU werden weitere rechtsextremistisch motivierte Sprengstoffanschläge und eine Vielzahl von Banküberfällen zugerechnet.

Rechtsterroristische Taten können – insbesondere wenn sie von Einzelpersonen oder Kleinstgruppen begangen werden – zu keiner Zeit ausgeschlossen werden. Dies haben in jüngerer Zeit neben dem NSU auch die Breivik-Attentate in Norwegen im Jahr 2001 verdeutlicht.